So stark beeinflusst Ihre Stimmführung Ihre Wirkung

Ihre Meinung wurde im Meeting nicht gehört, aber Ihr Kollege hat mal wieder gepunktet? Dann hören Sie mal auf Ihre Sprechmelodie.

„Der Idiot, es war MEINE Idee!“ Der Ärger ist groß, wenn der Kollege sich besser verkaufen konnte. Und oft liegt es gar nicht daran, dass er besonders schlau ist, besonders tolle Argumente hatte oder er sich eine originelle Strategie überlegt hat, sondern es lag daran, dass er ein größeres Selbstvertrauen hat, das sich in seiner Stimmführung widerspiegelt.

Selbstvertrauen hat, das sich in seiner Stimmführung widerspiegelt.

Selbstvertrauen und Stimme

Die Macht des Selbstvertrauens ist groß, denn diese befürwortende Einstellung zu sich selbst, seinem Wissen und seinen Gedanken, spiegelt sich in unserer Sprache, Körpersprache und unserer Stimme wider. Menschen mit gesundem Selbstvertrauen sprechen häufig automatisch überzeugend, ohne eine besondere rhetorische Ausbildung oder ein Stimmtraining bekommen zu haben. Und das ist ihr großer Vorteil, denn: Wir Menschen neigen dazu, überzeugend vorgetragene Äußerungen hinzunehmen und zu glauben. Wenn ich Ihnen sage „Ich bin eine hervorragende Klavierspielerin“ werden Sie mir glauben, denn es gibt keinen Grund daran zu zweifeln, solange ich es selbst nicht tue und in meiner Mimik, Körpersprache, Stimme keinerlei Anzeichen von Unsicherheiten zeige. Es wäre für Sie wahnsinnig anstrengend, jede Äußerung auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen, deshalb sparen Sie sich diesen Filter bei Aussagen, die mit einer sicheren Selbstverständlichkeit daherkommen.

Wechselwirkung zwischen Stimme und Persönlichkeit

Die Auswirkung von Selbstvertrauen auf die Stimme ist einerseits schade, denn wir alle wissen, dass Menschen, die von sich selbst überzeugt sind, nicht zwingend die Weisheit mit Löffeln gefressen haben, nur weil sie es selbst glauben. Und es gibt viele zurückhaltende Menschen, die nicht gesehen bzw. gehört werden, obwohl sie sehr klug sind, analytisch und logisch denken. Sie haben tolle Ideen und tragen sie nicht mit einer großen Selbstsicherheit vor, denn sie wissen: Es gibt vielleicht noch eine bessere Lösung. Genau diese Einstellung macht sie zu hoch effektiv arbeitenden Menschen. Leider werden sie häufig von v.a. extravertierten Chefs, Kollegen, Mitmenschen nicht oder erst zu spät gehört. Tolle Lösungsansätze gehen unter.
Doch die gute Nachricht ist gleichzeitig auch: Überzeugend vorgetragene Äußerungen wurden eingehend analysiert, positive Sprechmerkmale sind bekannt und wir können sie effektiv einsetzen und für uns nutzen. Das Schöne: Indem wir an unserer Stimme arbeiten, arbeiten wir auch gleichzeitig an unserer Persönlichkeit. Denn nicht nur unser Selbstvertrauen, unsere Persönlichkeit, hat einen Einfluss auf unsere Stimme, sondern umgekehrt hat auch unsere Stimme einen Einfluss auf unsere Persönlichkeit. Ich erlebe es immer wieder, dass Teilnehmer, die im Training positive Sprechmerkmale erlernen und anwenden, sich auch gleich ganz anders fühlen.

Wie drückt sich Selbstvertrauen in der Stimme aus?

Es gibt viele Stellschrauben, die Sie nutzen können. Und das Gute ist, dass Sie sie direkt und sofort umsetzen können. Sie benötigen keine wochen- oder sogar monatelange Stimmausbildung, schließlich möchten Sie kein Sprecher oder Sänger werden und müssen nicht Ihre Resonanz bis zum Umfallen trainieren. Sie können auch schon mit einfacheren Methoden im Gespräch punkten. Wichtig dabei ist aber: Machen Sie es. Wenden Sie es an. Denn wie im letzten Blogartikel beschrieben, hindert uns unser faules Gehirn manchmal daran, neue Gewohnheiten zu implementieren. Zu den wichtigen Stellschrauben der Stimme gehört zum Beispiel die Sprechmelodie. Sie lässt sehr schnell darauf schließen, wie sicher Sie sich als Sprecher wirklich sind. Kleine Nuancen können schon verraten, wenn Sie es nicht sind. Und wie sollen Ihnen Ihre Zuhörer glauben und vertrauen, wenn Sie es selbst nicht tun? Deshalb hier ein wichtiger Hinweis für eine glaubwürdige Sprechmelodie.

Die Liebe zum Punkt
6 Jahre lang habe ich in einer Agentur gearbeitet und wir hatten regelmäßig Meetings, in denen sich die neuen Mitarbeiter vorgestellt haben. Wie haben Sie sich dann in der großen Runde vorgestellt? Ungefähr so:

In grammatikalischer Schriftsprache: „Ja, hallo zusammen? Mein Name ist Marie-Theres Braun? Und ich arbeite als Regisseurin? Und ääääh, ich hab schon viele Projekte gemacht und äääh, ja, ich freu mich auf alles, was wir hier an Projekten zusammen machen? Ja, das war´s. Danke.“ Immer wieder geht die Sprechmelodie hoch wie bei einer Frage. Wenn wir mit Fragezeichen sprechen, setzen wir uns selbst unter Druck, dass wir noch etwas sagen müssen. Denn wir sind es gewohnt, dass es nach gehobener Sprechmelodie weiter geht. Fällt uns dann nicht sofort etwas ein, füllen wir diese nicht angemessene Pause nach gehobener Sprechmelodie mit „Ähm“ und „äh“. Zusätzlich ist es so, dass sobald Sie an das Ende Ihres Satzes ein Fragezeichen setzen, Ihre Äußerung natürlich auch wie eine Frage klingt. Dabei wissen Sie doch, wie Sie heißen, wer Sie sind und was Sie bisher gemacht haben. Dann machen Sie es auch hörbar. Durch einen Punkt. Und dann klingt es schon ganz anders:

Beispiele aus dem Alltag

Nehmen Sie sich ein Beispiel an Nachrichtensprechern, die nicht sagen: „18 Uhr? Die Nachrichten.“, sondern „18 Uhr. Die Nachrichten.“ Sie setzen also nicht nur bei grammatikalischen Punkten hörbare Punkte, sondern auch bei Kommata oder generell nach kleinen Sinneinheiten. Sie haben nichts mit Satzzeichen zu tun. Sie können sprechen „Mein Name ist Hase // und ich weiß von nichts.“ Selbst dieser Satz klingt auf einmal souverän, wenn mittendrin auch ohne Satzzeichen ein Punkt gesprochen wird.
Die Sprechmelodie können Sie clever einsetzen, wenn Sie Ihren Gesprächspartner in seiner Antwort beeinflussen möchten. Stellen Sie beim nächsten Telefonat nicht die Frage: „Darf ich den Geschäftsführer bitte sprechen?“, sondern senken Sie Ihre Stimme: „Darf ich bitte mit dem Geschäftsführer sprechen.“ Sprachlich noch besser: „Verbinden Sie mich bitte mit dem Geschäftsführer.“ Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie ohne Nachfragen einfach weiter verbunden werden, steigt. Im persönlichen Gespräch noch mehr, wenn Sie am Ende des Satzes zusätzlich leicht nicken.
Und so machen Sie es in Zukunft auch im Meeting und generell in Situationen, in denen Sie überzeugen möchten. D.h. Sie sagen nicht: „Ich habe auch noch eine Idee?…“, sondern „Ich habe auch noch eine Idee.“ Schon dieser erste stimmliche Eindruck lässt die Zuhörer aufhorchen. Ziehen Sie die Punkte durch Ihren Beitrag und Sie wirken souveräner. Auch auf sich selbst. Und das ist doch das Schöne daran. Sie führen nicht nur für Ihre Zuhörer Regie, sondern auch für sich selbst.