Klare Ansagen ohne Sympathieverlust

„Wie kann ich klare Ansagen machen, ohne zu forsch rüber zu kommen?“
Als Führungskraft sympathisch wirken zu wollen passt vermeintlich nicht zusammen mit der Forderung: „Sie müssen den Mut haben, sich unbeliebt zu machen.“ Ja, ohne Mut und ständig darauf aus, ein verbales „Gefällt mir“ von den Mitarbeitern zu erhalten, werden Sie nicht in der Lage sein, unangenehme Wahrheiten auszusprechen, Ansagen zu machen. Gleichzeitig bedeutet das nicht, dass Sie diese evtl. unangenehmen Wahrheiten auch auf eine unangenehme Art und Weise weitertragen müssen. Der harte Hammer hilft nicht weiter. Im Gegenteil.

Trennen Sie den Inhalt, für den Sie Mut brauchen, von der Art und Weise, wie Sie ihn vermitteln
Zum WIE werden oft nur Stimme und Körpersprache gezählt. Was dann fehlt: Wortwahl und Gesprächstechniken. Sie helfen uns, Botschaften zu einem geeigneten Zeitpunkt im passenden Setting mit den passenden Worten auf den Gesprächspartner zugeschnitten zu vermitteln; um zu erreichen, was wir wollen: verstanden und ernst genommen werden.

Beispiel Mitarbeiterbeschwerde: Die unangenehme Wahrheit
Stellen Sie sich vor, ein Mitarbeiter kommt zu Ihnen und regt sich darüber auf, dass die neue Software seinen Alltag nicht erleichtert, sondern erschwert. Die unangenehme Antwort – der Inhalt – ist: Es gibt für den Mitarbeiter keine andere Wahl. Er muss lernen, mit der neuen Software zurecht zu kommen.

Die Verpackung: Vorbildliche Stimme und Körpersprache reichen nicht
Wie vermitteln Sie es? Da Sie gehört haben, dass der Inhalt angeblich nur 7% wert ist (Zu dieser Missinterpretation einer Studie lesen Sie hier), konzentrieren Sie sich vor allem darauf, dass Sie stimmlich auf Höchstleistung sind, packen Ihr ganzes Stimmvolumen aus mit den schönsten Obertönen, erzeugen dadurch Präsenz und verleihen dem Thema damit die angemessene Wichtigkeit. Gleichzeitig ist es Ihnen wichtig, Ihren Inhalt mit Ihrer Körpersprache zu unterstreichen und Ihrem Gegenüber Offenheit zu zeigen. So sagen Stimme, Körpersprache und Inhalt das gleiche aus, Sie sind also kongruent. Alles richtig gemacht, oder? Komisch, der Mitarbeiter ist immer noch unzufrieden.

Ursache: Fehlgeschlagene Wortwahl und Gesprächstechnik
Warum? Er kann die Vorteile des Neuen und Unbekannten noch nicht erkennen. Wie verpacken Sie diese? Vielleicht so: Sie sagen Ihrem Mitarbeiter, wie wichtig die neue Software ist, dass es eine Zeit braucht, sich daran zu gewöhnen und dass er das mit der Zeit schaffen wird, die Vorteile wie transparente Informationsvermittlung und Zeitersparnis auf lange Sicht zu erkennen.

Zwei Probleme
Dieser Ansatz klingt zunächst plausibel. Sie sehen schließlich positiv in die Zukunft, verwenden sogar positive Worte und vermitteln das auch so Ihrem Mitarbeiter. Doch was glauben Sie, wie sehr er sich jetzt verstanden fühlt und mit welcher Wahrscheinlichkeit sein Problem jetzt gelöst ist? Selbst wenn Sie jetzt noch nachfragen, wo genau das Problem liegt und einen Lösungsvorschlag machen, haben Sie zwei Probleme:

  1. Die von Ihnen vorgeschlagene Lösung ist eventuell nicht die passende. Denn: Kennen Sie sich als Führungskraft perfekt mit der Software aus? Ich hoffe nicht, denn das gehört nicht zu Ihren primären Aufgaben.
  2. Der Mitarbeiter wird bei Problemen immer wieder zu Ihnen kommen und um Rat fragen, was Ihnen Zeit kosten wird. Der Grund: Er hat bisher nicht selbst nach einer Lösung gesucht und wird es in Zukunft auch nicht tun, wenn ihm immer wieder von außen eine (gut gemeinte) Lösung vorgeschlagen wird.

Lösung: Mit der passenden Gesprächstechnik regen Sie Denkprozesse in Ihrem Gegenüber an
Der Mitarbeiter hat ein Problem? Dann soll er es nach Möglichkeit selbst lösen. Erziehen Sie Ihre Mitarbeiter zur Eigenverantwortung. Das geht so:
1. Zuhören: Wenn Sie mit einer Lösung losstürzen, bevor Sie Ihrem Mitarbeiter überhaupt zugehört haben, wird er nicht offen sein für einen gegenteiligen Blickwinkel. Egal, wie gut Ihre Argumente sind, er möchte sie dann nicht hören. Je mehr Argumente Sie nennen, desto größer wird sein Widerstand.
2. Verstehen durch Nachfragen: „Wo genau liegt das Problem? In welchen Situationen tritt es auf? Was machen Sie dann? Das bildet schon die Grundlage für die Lösung:
3. Lösung: „Kennen Sie den Lösungsweg des Software-Anbieters? Welche Möglichkeit haben Sie, mit dieser Software das beste rauszuholen? Was hindert Sie daran? Wie können Sie es in Zukunft machen?

Kombination mit Stimme
Dabei zeigen Sie eine offene kooperative Grundhaltung, sichtbar an Ihrer freundlichen Mimik, hörbar an Ihrem Stimmklang: Sie halten sich mit Kompetenzmerkmalen in der Stimme zurück und wenden Merkmale der Sympathie an: Sie sprechen in Ihrer individuell entspannten Tiefe, bewegen sich mit allen anderen Sprechmerkmalen in einem ähnlichen Bereich wie Ihr Gegenüber, stellen offene Fragen ohne Subtext von Vorwurf und heben Ihre Stimme am Ende des Satzes an. Durch Ihre Fragen in Kombination mit Ihrer offenen inneren Haltung und Sprechweise, werden die Denkprozesse des Mitarbeiters angeregt und er öffnet sich, um die beste Lösung zu finden.

Für solche Späße haben Sie keine Zeit?
Um o.g. Fragen zu stellen, müssen Sie kein Experte für die Software sein. Das ist als Führungskraft gar nicht Ihre Aufgabe. Der Mitarbeiter wird dazu angeregt, die Lösung selbst zu finden. In Zukunft wird er zunächst selbst überlegen, bevor er zu Ihnen kommt. Dadurch sparen Sie zum einen Zeit und zum anderen finden Sie den tatsächlich besten Lösungsweg, denn der Mitarbeiter selbst ist Experte seines Problems.

Wertvoller psychologischer Nebeneffekt: Konsistenzprinzip
Zusätzlich wird der Mitarbeiter eher gewillt sein, seine selbst gefundene Lösung umzusetzen bzw. einzuhalten. Denn wir Menschen handeln nach dem Konsistenzprinzip: Was wir selbst (zu-)gesagt oder entschieden haben, möchten wir auch einhalten, wir möchten konsistent sein. Der Mitarbeiter wird also danach streben, dass seine selbst gefundene Lösung auch funktioniert. Anders wäre es, wenn Sie ihm eine Lösung einfach vorgekaut hätten.

Denken Sie also beim nächsten Hilferuf Ihres Mitarbeiters daran:
Widerstehen Sie Ihrem Antwortreflex und fragen Sie stattdessen nach. Am Ende sparen Sie sich dadurch Zeit und gewinnen einen lösungsorientierten Mitarbeiter. Oder im privaten: Lösungsorientierte Kinder, die Ihr Vertrauen in ihre Lösungskompetenz spüren und somit Selbstvertrauen gewinnen, oder einen lösungsorientierten Partner ?